WIR Ausgabe 4 Herbst 2023 59 Es gehe darum, dass in dieser Mitte möglichst viele versuchen, etwas zu bewirken. Für Désirée Orlowski kommt es darauf an, dass Marken und Händler ihre Zielgruppen möglichst genau an- sprechen, um bei diesen den Prozess anzustoßen. „Wenn man als Unternehmen einmal versteht, worauf der Kunde Wert legt, kann man Kriterien festlegen, die ein Produkt oder einen Prozess be- sonders nachhaltig machen“, erklärte die Leiterin des Geschäftsbereichs Produkt bei ANWR Schuh. Der Kunde muss überzeugt werden Viel Arbeit macht der Branche das Streben nach Transparenz. Ohne diese kann es keine wirkliche Nachhaltigkeit geben, doch sie herzustellen, ist schwer. Felix Schmuck ärgert es, dass es an ein- heitlichen Siegeln fehlt, die die gesamte Wert- schöpfungskette abbilden. „Ich finde es sehr scha- de, dass wir es nicht schaffen, eine lückenlose Transparenz herzustellen, denn ich glaube, das würde am Ende dazu führen, dass sich die Kun- den bewusst entscheiden können“, sagt er. Selbst wenn es Unternehmen gelingt, ihre Produktion oder ihr Sortiment auf Nachhaltigkeit umzustellen, bleiben aber noch eine Reihe an Problemen. Da ist etwa die Frage der Langlebigkeit. „Man nutzt entweder Echtleder mit Wasser, Futter, Tierleid und dergleichen oder man nutzt vegane Leder- arten, weiß, dass diese in der Lebensdauer einfach kürzer sind“, beschrieb Genesis-Vertriebschef Bauer den Zwiespalt. Entweder man entscheide sich, oder man suche einen Mittelweg, der aber nicht immer leicht zu finden sei. „Ein Gedanke ist beispielsweise, dass es in Europa eine nicht ganz irrelevante Bio-Landwirtschaft gibt“, sagte er: „Wenn man jetzt das Leder von diesen Tieren ein- sammeln könnte, würde es auch Sinn machen, in Europa zu produzieren.“ Schuhe sind oft teurer. Den Kunden dazu zu brin- gen, diesen Aufpreis zu zahlen, sei nicht einfach, sagte Marcus Daniel von Think. Er sieht auch die Industrie in der Verantwortung. Diese müsse die Händler schulen, damit diese die Argumente für die teureren Schuhe kennen. „Ich übertreibe jetzt Ein weiteres Problem: Nachhaltig hergestellte „ Es kommt darauf an, dass Produzenten, Verbund- gruppen und Händler zusammen- arbeiten.“ mal: Wir stellen da ein Ferrari hin“, sagte er: „Und das Verkaufspersonal muss erklären, was an ei- nem Ferrari so herausragend ist im Gegensatz zu einem VW Polo.“ Die ANWR unterstütze deshalb die Händler Längst nicht alle Endverbraucher müssen über zeugt werden. „Das Gute ist, dass der Endverbrau- cher verstanden hat, dass er keine VW-Preise be- zahlen kann, wenn er einen Ferrari haben möchte“, erklärte Bardia Beigui, bei MoEa für den Vertrieb zuständig. Désirée Orlowski berichtete auch von Kunden, die bestens über das Thema informiert seien. Diese zu überzeugen, erfordere viel Wissen beim Verkaufspersonal. dabei, ein nachhaltiges Sortiment endkunden- gerecht aufzubauen und zu präsentieren. Dafür gebe es zum Beispiel das PURE-WEAR-Modul, über das Händlern die Vorauswahl bei den Pro- dukten abgenommen werde. Außerdem erhalten sie Unterstützung beim Marketing, damit der Kunde direkt sieht, was an den Produkten beson- ders ist. „Das soll die Hilfestellung von uns sein, um den Schritt in diese Richtung zu wagen, denn es ist eine Herausforderung, das Thema darzu- stellen, und das eben auch lukrativ“, sagt Orlowski. Letztendlich komme es darauf an, dass Produzen- ten, Verbundgruppen und Händler zusammen- arbeiten: „Das muss mit Feedback von Händlern, mit Input von Lieferanten, die Erfahrung, die sie jeweils zu den Produkten mitbringen, und dann eben mit dem Wissen gebündelt und weiterge- bracht werden.“