WIR Ausgabe 5 Frühjahr 2024 41 Riechen“ hat sie sich mit der Frage beschäftigt, wie unsere Sinneswahrnehmungen unser Erleb- nis im Geschäft und unser Einkaufsverhalten beeinflussen. Herausgefunden hat sie: Wer ein- kaufen geht, auf den wirken eine ganze Reihe von Mechanismen. „Jeder kennt das: Durch schnelle Musik laufe ich schneller, Musik kann mich auch fröhlich oder traurig machen“, erklärt Imschloß. Auch Gerüche, Farben oder die Beschaffenheit des Bodens können eine Wirkung entfalten. Die verschiedenen Sinneswahrnehmungen können sich direkt beeinflussen. „Wer weichere Musik im Geschäft spielt, dessen Kunden werden dann auch angebotene Stoffe als weicher empfinden“, sagt sie. Spielt man etwa in der Weinabteilung französische Musik, greifen die Kunden eher zum französischen Wein, wie Studien gezeigt haben. Für Händler ist das eine große Chance, können sie doch mit geschicktem Einsatz von Musik, Be- leuchtung und Gerüchen die Kunden beeinflus- sen. Wobei den Effekten natürlich Grenzen ge- setzt sind. „Wer mit einem klaren Wunsch in ein Geschäft geht, der wird den nicht durch Musik verändern“, erklärt Imschloß: „Aber wer unent- schlossen ist, der lässt sich durch so etwas beein- flussen.“ „ Beim Silent Shopping geht es ja unter anderem auch um den Schutz vulnerabler Zielgruppen.“ Musik ist also – richtig eingesetzt – ein starkes Werkzeug für Händler. Gibt man mit Silent Shopping also unnötig Kontrolle aus der Hand? „Beim Silent Shopping geht es ja unter anderem auch um den Schutz vulnerabler Zielgruppen“, sagt Imschloß. Die Motive sind also erstmal un- abhängig vom Verkauf an sich. Aber je nachdem, wer die eigene Zielgruppe ist, könnten einige stille Stunden in der Woche helfen, glaubt sie. Wer viele ältere Kunden hat, der würde ihnen ei- nen Gefallen tun. Gerade kleinere Händler hätten hier Möglichkeiten, meint Imschloß: „Sie sind nicht an Weisungen gebunden und können ex- perimentieren. Außerdem kennen sie ihre Ziel- gruppe besser als jeder andere.“ Ein Geschäft, in dem es still ist und die Lichter gedimmt sind: Was nach einem idealen Set für ei- nen konsumkritischen Horrorfilm klingt, können Verbraucher in Deutschland immer öfter antref- fen. Fachleute sprechen von „Silent Shopping“, ein Trend, der aus angelsächsischen Ländern herüber- schwappt. Für zumindest einige Stunden in der Woche stoppen Geschäfte die Reizüberflutung, die in modernen Gesellschaften vorherrscht. Da- bei handelt es sich nicht um einen Lifestyle-Trend, sondern um eine Inklusionsmaßnahme. Men- schen, die etwa mit Autismus oder einer posttrau- matischen Belastungsstörung leben, kommen oft mit der lauten und bunten Welt im Einkauf nicht gut zurecht, für sie soll das Shoppingerlebnis an- genehmer werden. Von Pewsum in Niedersachsen bis Bergisch Gladbach in Nordrhein-Westfalen übernehmen Geschäfte die Idee, vor allem Lebens- mittelhändler. Die Reaktionen sind meistens posi- tiv, die Händler berichten, dass auch andere Gruppen, etwa ältere Menschen, gerne zur „Stil- len Stunde“ in den Laden kommen. Was die Frage aufwirft: Ist das Shoppen ohne laute Musik und ohne helle Beleuchtung vielleicht der bessere An- satz? Sollten sich auch andere Geschäfte, etwa Textil- oder Schuhhändler, überlegen, dieses Kon- zept zu übernehmen? Wie Musik beim Einkaufen wirkt Zeit für einen Anruf bei Monika Imschloß. Sie ist Professorin für BWL an der Leuphana Universität Lüneburg. In ihrem Buch „Multisensorisches Design von Verkaufsumgebungen: Sehen, Hören,